Udo Jürgens ist eine Ausnahmeerscheinung im deutschsprachigen Showgeschäft: Er ist der einzige Musiker der 60er Jahre, dem es gelungen ist, über vier Jahrzehnte erfolgreich im Geschäft zu bleiben.

Noch mit über 70 Jahren startete er 2006 wieder eine große Deutschlandtournee. Die Nachfrage nach Konzertkarten war so groß, dass Udo Jürgens mehr als 30 Zusatzkonzerte geben musste.

Doch hinter der "Rampensau" Udo Jürgens steckt ein sensibler, manchmal unsicherer Mensch. Der smarte Entertainer mit dem ausgeprägten Schlag bei Frauen machte privat immer wieder durch Alkoholexzesse und Affären Schlagzeilen. Jürgens ist zweimal geschieden, hat zwei eheliche und zwei uneheliche Kinder und ist ein Mensch, "der ohne Führung undenkbar ist", so sein Manager Freddy Burger.

Schon als Kind sucht der damals dünne und kränkelnde Udo Jürgen Bockelmann, wie er bürgerlich heißt, nach Anerkennung und Aufmerksamkeit. Zu Beginn seiner Karriere in den 50er Jahren jobbt er als Barpianist und gibt den singenden Spargeltarzan in diversen Filmklamotten: "Am Anfang bin ich ja ein bisschen zum Singen genötigt worden von den Schallplattenproduzenten und hatte gar kein großes Zutrauen zu mir als Sänger. Und wenn ich heute meine uralten Platten höre, dann weiß ich warum: Ich habe wirklich lausig gesungen", bekennt Udo Jürgens heute.

1961 nimmt der erfolgreiche Show-Manager Hans R. Beierlein den Musiker aus Kärnten unter Vertrag und macht Udo Jürgens zu einer unverwechselbaren Marke. Beierlein rät ihm, sich musikalisch am französischen Chanson zu orientieren und sich an etwas gesellschaftskritischere und frechere Texte heranzuwagen.

1966 gewinnt Udo Jürgens mit "Mercie Chérie" den "Grand Prix Eurovision de la Chanson". Daraufhin kommt auch der internationale Durchbruch. Es folgt Hit auf Hit: "Immer wieder geht die Sonne auf", "Lieb Vaterland", "Griechischer Wein", "Ein ehrenwertes Haus", "Aber bitte mit Sahne".

Der Entertainer Udo Jürgens funktioniert, der Mensch Udo Jürgen Bockelmann kommt jedoch immer häufiger ins Straucheln. Zu viel Alkohol, Gerüchte über schlüpfrige Frauengeschichten, dubiose Steueraffären – Udo Jürgens ist persönlich in einer Sackgasse. Unter seinem Egoismus leiden vor allen Dingen Frau und Kinder. "Ich erinnere mich an viele Gespräche, in denen er der Liebe, der großen andauernden Liebe immer sehr misstraut hat. Er hat eigentlich nicht wirklich geglaubt, dass das so richtig möglich ist. Oder dass er – ohne Schuldzuweisung – dazu in der Lage ist", sagt seine Tochter Jenny Jürgens heute.

Es kommt zum Bruch mit Manager Beierlein. Der Schweizer Freddy Burger wird Jürgens neuer Manager und bringt den Star wieder auf den rechten Weg. "Udo muss sich sicher fühlen", sagt Burger und organisiert nicht nur das Geschäft, sondern auch die privaten Belange des Künstlers. Musikalisch lässt er Jürgens jedoch seine Freiheit. Das Konzept geht auf: Udo Jürgens begleitet bis heute musikalisch die bundesdeutsche Geschichte.

Der Autorin Kathrin Becker ist es gelungen, für die Dokumentation "Legenden: Udo Jürgens" Zugang zum engsten Familienkreis des Superstars zu bekommen. Udo Jürgens selbst zieht in diesem Porträt eine sehr ehrliche Bilanz. Seine Kinder, sein Bruder, seine Manager und prominente Weggefährten wie Blacky Fuchsberger ergänzen und korrigieren dieses Selbstbild. Jürgens' uneheliche Tochter Sonja äußert sich erstmals in einem Fernsehinterview zu ihrem Vater.

Film von Kathrin Becker