Mit 13 hinter Schloss und Riegel (Übernahme NDR v. 08.10.07

Ein Film Michael Richter, Redaktion: Edeltraud Remmel

Oleg war eine Woche lang abgehauen. Gemeinsam mit seinen Freunden hat der 13-Jährige bis zur Bewusstlosigkeit getrunken und gekifft. Jetzt ist er wieder zurück in der geschlossenen Unterbringung für jugendliche Kriminelle im Martinistift. Aufgedreht von Drogen und Alkohol provoziert Oleg jetzt die Erzieher, bis sie ihn in seinem Zimmer einschließen. Erst Stunden später ist er so ruhig, dass er sein Zimmer verlassen darf. Szenen wie diese gehören zum Alltag in der "Gruppe 1". Insgesamt 30 Jugendliche leben im Martinistift in der Nähe von Münster in Westfalen in drei geschlossenen Gruppen. Bundesweit gibt es etwa 150 derartige Plätze - das Martinistift ist der größte Anbieter dieser härtesten Form von Heimerziehung.

"Hier haben jugendliche Kriminelle die letzte Chance, sich zu entscheiden: Wollen sie weitermachen und in ein oder zwei Jahren im Gefängnis landen, oder machen sie noch etwas aus ihrem Leben", erklärt Stefan Backer, Erzieher in der "Gruppe 1". Die Jugendlichen kommen aus dem ganzen Bundesgebiet nach Nordrhein-Westfalen - die Nachfrage von Jugendämtern nach Plätzen in geschlossenen Unterbringungen ist groß. Die Jugendlichen sind zwischen zwölf und 17 Jahre alt. Die meisten haben schon eine ganze Reihe von Straftaten begangen - Diebstahl, Körperverletzung, Dealen und Drogenmissbrauch sind die klassischen Delikte. Etwa die Hälfte von ihnen wurde vom Jugendrichter vor die Wahl gestellt, entweder ins Jugendgefängnis oder in eine geschlossene Einrichtung zu gehen. Die andere Hälfte wurde von "normalen" Heimen als nicht mehr tragbar abgelehnt. Meist bleiben die Jugendlichen ein knappes Jahr in der "Gruppe 1". In diesem Jahr gehen die Jüngsten zur Schule, die Älteren beginnen eine Ausbildung.

Die Erfolgsaussichten sind ungewiss: "Wir haben hier jedes Jahr Jugendliche, die mit einem Gesellenbrief nach Hause gehen und jedes Jahr welche, die im Knast landen", schildert Erzieher Martin Eggemann die Situation.

Für den Film hat Michael Richter mit seinem Team drei Monate lang den Alltag in der "Gruppe 1" die geschlossene Unterbringung dokumentiert.