"Wir sind todglücklich hier!", rutscht es Kurt (76) heraus, der seit fünf Jahren in Sun City lebt, einer Stadt mitten in der Wüste von Arizona. Das Besondere: Das Durchschnittsalter der Bewohner beträgt 75 Jahre. Und wer jünger ist als 55, darf hier gar nicht wohnen. Mehr als 90.000 Rentner aus der ganzen Welt haben sich in der Rentner-Hauptstadt Sun City niedergelassen: Gegründet 1960 und seither ständig vergrößert vom Bau-Magnaten Del Webb in der Wüste von Arizona. Im großzügigen Paradies auf einer Fläche so groß wie das Rhein-Main-Gebiet sollen die Alten die harte Realität und ihr Vorleben vergessen. Auf 12 Golfplätzen, in 15 Hallen- und Freischwimmbädern und in hunderten Clubs treffen sich die Pensionäre aus aller Welt und trotzen mit täglicher Fitness der Sterblichkeit. Man frönt seinen Hobbys, trifft sich auf dem Golfplatz oder im Single-Club, wo die Witwen und Witwer bei Oldie-Schlagern aus den Siebzigern noch mal auf Freiersfüßen tanzen. Die Gesellschaft ist umgeben von einem Hauch von Unsterblichkeit und jener Exklusivität, die Jüngere ausgrenzt. Die babysittende Oma passt nicht in das Bild der aktiven Junggebliebenen...

Sun City soll und will ein Rentner-Paradies sein. Es gibt keine Schulen, keine Kindergärten, keine Spielplätze: Kinder sind besuchsweise maximal vier Wochen erlaubt - und am Pool nur zwei Stunden. Denn die Alten wollen hier selbst ihre ferngesteuerten Spielzeugschiffchen schwimmen lassen. In die Wüstenhitze von durchschnittlich 32 Grad kommen viele auch deshalb, weil sie dort ihre Arthrosen nicht mehr so spüren. Außerdem sind die Häuser relativ erschwinglich, die Lebenshaltung inklusive Steuern und kommunaler Abgaben steigt kaum über 2000 Dollar im Monat pro Person. Wer das Geld aufbringen kann, ist in der Lage, sich seinen Lebensabend unter Palmen komfortabel zu gestalten - vorausgesetzt, er bleibt gesund. Wer krank wird und nicht genügend Geld zur Verfügung hat, lernt die Schattenseiten der Sonnenstadt kennen.

Sun City ist eine geschlossene Gesellschaft, ein Kurort für Rentner aus dem gehobenen Mittelstand. Das Paradies in der Wüste tut den meisten gut. Sie sind unter sich. Keiner tritt einem zu nahe. Hier kennt man nur die Vornamen. Eine gewisse Oberflächlichkeit lässt sich nicht leugnen. Wer aber die Enkel nicht vermisst und sich nicht daran stört, dass Ruhe, Ordnung und Sicherheit über alles gehen, der fühlt sich hier wohl. Kurt, Rosie, Earl und Gino leben in dieser faszinierenden Welt in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit. Ein vorbildliches Modell, das auch in Deutschland Zukunft haben könnte? Das Alten-Paradies auf Erden? Oder ein illusionärer Trotz gegen die Sterblichkeit? "Ein Wartesaal zur Ewigkeit" spottet man im nahen Phoenix. Ganz gewiss aber einer der angenehmsten, die man sich vorstellen kann. Ein Ort für Todglückliche eben.

Film von Broka Herrmann (2005)