Diese BBC Exklusiv Dokumentation gibt einen unvergleichlichen Einblick in die Gedankenwelt der Autistin Temple Grandin.

In dem Film „Dr. Dolittle“ besitzt ein Arzt die einzigartige Fähigkeit, mit Tieren zu sprechen. Das gibt es nur in Hollywood – aber eine Frau kommt dem ziemlich nahe. Ihr Name ist Temple Grandin, sie ist die wohl berühmteste Autistin der Welt – und so etwas wie ein wahrer Doktor Dolittle. Die Sprache der Menschen musste sie so mühsam erlernen wie eine Fremdsprache, Tiere dagegen versteht sie problemlos. Mit ihren Büchern gibt sie faszinierende Einblicke in die Gedankenwelt von Autisten – und Kühen. Dieser Film erzählt ihre außergewöhnliche Geschichte.

Wie die meisten autistischen Kinder fiel Temple Grandin dadurch auf, dass sie kein Interesse an anderen Menschen zeigte. Autistische Kinder schauen niemandem in die Augen, erwidern kein Lächeln. Temple lernte auch das Sprechen nicht, weil sie ihre Eltern nicht nachahmte. Statt mit anderen Kindern zu spielen, ließ sie lieber stundenlang Sand durch ihre Finger rieseln.

In den fünfziger Jahren gab man den Müttern die Schuld an der Behinderung ihrer Kinder. Die so genannten „Kühlschrank-Mütter“ sträubten sich angeblich gegen die Geburt und das Überleben ihrer Kinder. In ständiger Todesangst zogen diese sich scheinbar in eine innere Welt zurück. Temple Grandins Mutter ist der lebende Beweis dafür, wie abwegig diese Theorie ist. Sie widersetzte sich ihrem Mann, der die gemeinsame Tochter in eine Anstalt geben wollte. Stattdessen bekam Temple Grandin eine Sprachtherapie und lernte, mit ihren Mitmenschen zu kommunizieren. Doch es dauerte noch viele Jahre, bis sie mit der Außenwelt zurechtkam. Mit sechzehn beobachtete sie, wie Rinder sich entspannten, sobald sie in eine Fang- und Wiegevorrichtung eingeklemmt waren. Zuhause baute sie sich selbst einen „Beruhigungsapparat“, in dem sie sich ohne Panikattacken entspannen konnte. Das war der Durchbruch. Temple Grandin begann eine akademische Laufbahn – etwas, das man selbst Autisten mit einer Inselbegabung wie Grandins damals nie zugetraut hätte. Heute ist sie Dozentin für Tierwissenschaften an der Universität von Colorado.

Zwar hilft sie Tierhaltern aller Art bei ihren Problemen, doch ihre Vorliebe für Rinder hat sie sich bewahrt – wenn auch auf eine sehr pragmatische Weise. Sie gestaltet Schlachthöfe tierfreundlicher. Sich in dieser Männerdomäne durchzusetzen, wäre wohl jeder Frau schwer gefallen. Temple Grandins Ideen führten jedoch unweigerlich zum Erfolg. Heute ist sie der Star in dieser Männerwelt.

Ihr Bewusstsein über die eigenen Stärken und Schwächen gibt beeindruckende Einblicke in die Gefühls- und Erlebenswelt von Autisten. Temple Grandin beschreibt ihre Gefühle als die einer Zehnjährigen – oder einem Rind. Es gibt wenige, einfache Emotionen wie Angst, Traurigkeit, Freude oder Wut. Temple Grandin hat uns vieles über Autismus lehren können. Für sie selbst sind ihre Erfolge in der Tierwissenschaft jedoch die wichtigsten.

Die Dokumentation DER ECHTE DR. DOLITTLE gibt einen unvergleichlichen Einblick in die Gedankenwelt der berühmten Autistin. Ihre Offenbarungen helfen, autistischen Menschen das Leben in unserer Gesellschaft zu erleichtern und zeigen, dass sie aufgrund ihrer speziellen Begabungen große Erfolge erzielen können. Temple Grandins Umgang mit Tieren beweist das bisher oft verkannte Einfühlungsvermögen von Autisten.