Qian Hongyan schafft es. Ein Unfall drohte, ihr kurzes Leben schon früh zu beenden. Drei Jahre war sie alt, als ein Lastwagen sie überfuhr. Sie hat sich durchgebissen, mit einem unglaublichen Willen. Das Mädchen aus der Provinz Yunnan ist jetzt neun und Hongyan kann wieder lachen. "Vielleicht kann sie eines Tages sogar an der Universität studieren", hofft der Vater. Qian Hongyan ist eine beeindruckende Person in diesem "mein ausland der kleinen Leute", wie Korrespondent Joachim Holtz aus dem ZDF-Studio Peking sie beschreibt. "Das Mädchen ist meine Heldin. Ein tragisches Schicksal, doch welche Tatkraft, was für ein Durchsetzungsvermögen."

China produziert Erfolgsmeldungen im Akkord. Die viertgrößte Wirtschaftsmacht treibt ihr Wachstum mit einem atemberaubenden Tempo voran. Ein kleiner Wohlstand breitet sich aus. Schon gibt es acht Milliardäre und über 300.000 Millionäre - in Dollar gerechnet. China ist zur Werkbank der Welt geworden. Immer mehr exportiert der neue Gigant in die alten Industrieländer. Billige Arbeitskräfte, aber auch eine zupackende Energie und Leistungsfähigkeit, ein unbeschwerter Optimismus und eine ungebremste Initiative stärken seine Konkurrenzfähigkeit.

Doch wenig erfährt man von den einzelnen Menschen, die dieses neue Wirtschaftswunder ermöglichen. Und die sehr oft kaum etwas davon abbekommen. Denn der Wohlstand ist ungleich verteilt. In den Städten ist das Durchschnittseinkommen dreieinhalbmal so hoch wie auf dem Lande. Und der Fortschritt der einen bringt anderen häufig einen Nachteil. China ist schon zum fünftgrößten Touristikziel der Welt geworden. "Doch die Reisenden sehen meist nur die glänzende Oberfläche", sagt Holtz. "Shanghais Hochhäuser, die Naturschönheiten, ein paar Tempel. Dann noch ein Bankett mit Essstäbchen - und das ist dann das Bild des neuen China."

"mein ausland" will sich mit einer Betrachtung des Schaufensters nicht zufriedengeben. "Dies ist eine Sendung der Seitenblicke". Joachim Holtz und das Team des ZDF-Studios Peking haben hinter die Fassaden geschaut, zeigen die einzelnen Menschen hinter den Statistiken. Die Kameraleute Heiko Käberich und Daniel Traub bringen den Zuschauern jene Chinesen nahe, die nicht zu den Gewinnern gehören. Sie haben ihre Bilder in der Welt der kleinen Leute gemacht. Daraus entsteht ein ehrlicher Eindruck von einem China, in dem unzählige Welten nebeneinander bestehen.

Ein Besuch bei den neuen Modemachern in der Ostprovinz Fujian; bei den
Minderheiten in Yunnan, die Kräuter sammeln für die Ärzte der Traditionellen Chinesischen Medizin; in einem Abriss-Viertel in Peking, dessen Bewohner vertrieben werden; bei einer Tänzerin mit einem ganz besonderen Schicksal und bei den Künstlern von "798" in einer früheren Fabrik in Peking, die einst von Deutschen errichtet worden ist.

China macht einen gewaltigen Wandel durch.
Für viele Chinesen bringt er nur kleine Veränderungen...